Neues Pflichtteilsrecht
Änderung der Verjährung erbrechtlicher Ansprüche
Der Bundestag hat am 02.07.2009 das Gesetz zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts beschlossen, dass zum 01.01.2010 in Kraft tritt. Hierbei wurde das Pflichtteilsrecht modernisiert. Die Verjährung erbrechtlicher Ansprüche wurde vereinheitlicht.
Hierzu im Einzelnen:
1. Neue Regelung beim Pflichtteilsergänzungsanspruch (§ 2325 BGB) Nach der bisherigen Vorschrift des § 2325 Abs. 3 BGB blieben Schenkungen beim Pflicht-teilsergänzungsanspruch unberücksichtigt, wenn zur Zeit des Erbfalls 10 Jahre seit der Überlassung des verschenkten Gegenstandes verstrichen sind. Nach neuem Recht wird die Schenkung nur noch innerhalb des 1. Jahres vor dem Erbfall vollständig, im 2. Jahr vor dem Erbfall noch zu 9/10, im 3. Jahr zu 8/10 etc. berücksichtigt. Dieses sog. „Abschmelzungsmodell“ gilt allerdings nicht bei Schenkungen an den Ehegatten und bei Zuwendungen unter Nutzungsvorbehalt.
2. Ab 01.01.2010 verfügt der pflichtteilsberechtigte Erbteil über ein Wahlrecht, wenn der ihm hinterlassene Erbteil mit Beschränkungen oder Beschwerungen belastet ist. Er kann ent-weder den Erbteil mit allen Belastungen oder Beschwerungen annehmen oder den Erbteil ausschlagen und dennoch den Pflichtteil verlangen. Dies unabhängig von der Höhe des ihm zugewandten Erbteils.
3. Die Pflichtteilsentziehungsgründe, bei deren Vorliegen der Erblasser durch letztwillige Ver-fügung eine Pflichtteilsentziehung anordnen kann, sind modernisiert worden.
4. Die Stundung der Pflichtteilserfüllung durch den oder die Erben ist künftig bereits möglich, wenn eine „unbillige Härte“ vorliegt.
5. Die Pflegeleistungen eines Abkömmlings, der über einen längeren Zeitraum hinweg im Haushalt des Erblassers Pflegeleistungen erbracht hat, werden künftig honoriert, indem bei der Erbauseinandersetzung hierfür ein Ausgleich gefordert werden kann (§ 2057a BGB).
6. Für die erbrechtlichen Ansprüche, auch für Vermächtnisansprüche und Auskunftsansprüche, gilt zukünftig die 3-jährige Regelverjährung des § 195 BGB. Ausgenommen hiervon bleiben die Herausgabeansprüche gegenüber dem Erbschaftsbesitzer, des Nacherben gegenüber dem Vorerben und die des wirklichen Erben bei Vorliegen eines unrichtigen Erbscheins. Für diese Herausgabeansprüche gilt weiterhin die 30-jährige Verjährungsfrist des § 197 I Nr. 1 BGB.
Es kann nur begrüßt werden, dass nach der Reform des Erbschaftssteuergesetzes nunmehr auch das materielle Erbrecht in wichtigen Punkten geändert wurde. Die zeitlich gestaffelte Anrechnung der Schenkungen des Erblassers bei dem sog. Pflichtteilsergänzungsanspruch wird künftig vermehrt Fragen nach der Bewertung verschenkter Immobilien aufwerfen und insbesondere im Rahmen der Gestaltung vorweggenommener Erbfolgen sachkundigen Rat erfordern.
Prof. Dr. Helmut Greulich Rechtsanwalt vereidigter Buchprüfer Fachanwalt für Erbrecht Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Immobilienwirt Dipl.-VWA Professor für Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Lehrbeauftragter für Baurecht Freier Sachverständiger für Grundstücksbewertung
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